Warum nicht „An der Öle“ statt „Admiral-Scheer-Straße“?
Die Sonntagskolumne von Marion Lohoff-Börger
An der Art und Weise, wie eine Gesellschaft mit dem Gebrauch von Worten und Begriffen ihrer Sprache umgeht, kann man einiges über den Umgang mit ihrem geschichtlichen Erbe ablesen.
Um diese These für die Stadtgesellschaft Münsters zu verifizieren, möchte ich zwei Dinge zusammenbringen: zum einen die Debatte um Umbenennung der Straßennamen in Münster Mauritz und zum anderen den Umgang mit der Masematte.
Ich wohne sei fast dreißig Jahren „auf Mauritz“, einem schicken Viertel in Münsters Osten. Ich bin aber nicht stolz darauf und betone immer, dass es dort tatsächlich auch bezahlbare Wohnungen gibt, zum Beispiel an der Skagerrakstraße, wo ich lebe. Die Straße wurde nach der größten Seeschlacht im der Weltgeschichte am Skagerrak, den nördlichsten Zipfel von Dänemark von den Nationalsozialisten so benannt. Bei dieser Schlacht starben 9000 Menschen. Ich wohne in einer Mietswohnung in einem Häuserblock an dessen Balkonen zur Straße hin sichtbar die Jahreszahl 1937 in die Balkongitter eingearbeitet ist, was Rückschlüsse auf seine Erbauung während des Nationalsozialismus zulässt. Die Wohnungen sind ursprünglich für die Familien der hohen Militärs der Manfred-von Richthofen Kaserne erbaut worden, inklusive Mansardenzimmer unter dem Dach für die Hausmädchen. Nicht nur die Bauweise deutet auf Aktivitäten der Nationalsozialisten hin, auch die Straßennamen in der Umgebung, wie Skagerrakstraße, Otto-Weddigen-Straße, Admiral-Scheer-Straße und Admiral-Spee-Straße. Sie sind allesamt zu Propagandazwecken und Kriegsverherrlichung entstanden und sollten eigentlich schon 1947 laut Erlass der britischen Besatzer umbenannt werden (https://www.stadt-muenster.de/strassennamen/geschichte-der-strassenumbenennungen). Die Bezirksvertretung Mitte beantragte beim Rat eine Umbenennung, weil es im öffentlichen Interesse sei, „keine Straßennamen, keine Personen und Orte zu würdigen, die den Werten der Demokratie widersprechen.“ Der Rat stimmte zu. Doch mit einem Bürgerbegehren versucht die „Bürgerinitiative für Münsters Straßen“, die demokratisch und historisch wissenschaftlich fundiert getroffene Entscheidung aufzuheben. Ihre Mitglieder stehen samstags vorm Rewe und vorm Aldi und sammeln eifrig Unterschriften, um eine Umbenennung zu verhindern. Für Diskussionen und kritischen Anfragen zwischen Klemmbrett und Einkaufswagen bleibt da keine Zeit https://www.stoppt-umbenennungen.de/. Ich persönlich hoffe, dass dieses Bürgerbegehren zu einem Eigentor der Initiative wird, denn dürfen erst alle im Viertel abstimmen, dann tun das auch die vielen Mieter:innen und Anwohner:innen, die sich wie ich für ihre Straßennamen schämen, wenn der Besuch aus Spanien, die Freundin aus Sri Lanka und der Kollege aus Syrien fragen, wer denn dieser Otto Weddigen oder dieser Admiral Scheer gewesen sei. Peinlich für uns Anwohner, weil die Stadt Münster mit ihren Straßennamen immer noch Menschen verehrt, die an dem Tod von tausenden Seeleuten eine Mitschuld tragen. https://de.wikipedia.org/wiki/Reinhard_Scheer#:~:text=Carl%20Friedrich%20Heinrich%20Reinhard%20Scheer,gr%C3%B6%C3%9Ften%20Seeschlachten%20der%20Geschichte%2C%20kommandierte . Und ja, ich identifiziere mich mit meiner Stadt, meinem Umfeld, meiner Nachbarschaft. Ich bin Teil davon und ja ich identifiziere mich auch mit ihren Aushängeschildern, ihren Straßennamen. Und nein, es ist mir nicht egal, wenn vor 115 Jahren 9000 Seeleute den Tod fanden und 20 Jahre später die Nationalsozialisten die Männer, die dafür mitverantwortlich waren, zu Propagandazwecken für einen neuen Krieg funktionalisierten.
Was für Rückschlüsse lässt das auf uns Münsteraner:innen zu, wenn wir zeigen, dass wir seit 1947 unsere Hausaufgaben in Sachen Straßenumbenennungen nicht gemacht haben? Ein Argument für die Beibehaltung der Straßennamen höre ich in Gesprächen immer wieder: Die Leute sind es müde, sich immer wieder diesen Umbenennungsdiskussionen zu stellen. Sind wir einfach zu müde oder zu faul geworden? Und laufen wir mit dieser Faulheit oder Ignoranz nicht Gefahr antidemokratischen Kräften in unserer Gesellschaft Tür und Tor zu öffnen?
Mit der Masematte, einer Sondersprache, deren ursprüngliche Sprecher:innengruppe mit dem Holocaust vernichtet wurde, weil ihre Sprecher:innen jüdischer Abstammung, Sinti:zze- und Romn:ja oder sogenannte Asoziale waren, zeigt sich Münsters Stadtgesellschaft ein weiteres Mal mehr von ihrer Seite, die Geschichte ihrer Vorfahren nur rudimentär oder gar nicht aufzuarbeiten. Auch bei der heißgeliebten Sondersprache geht es wieder um das Entwickeln und Wahren von Identitäten. Allerdinges ein wenig beliebig, je nach den aktuellen Bedürfnissen der Nutzer:innen der Masematte. Viele Bürgerinnen und Bürger Münsters kennen zwar einige Begriffe und wissen auch, dass sie der Masematte zugehörig sind, aber Kenntnisse über die Herkunft der Wörter wie jovel, schofel und Leeze ist dem Großteil unbekannt. Und eine gängige Erklärung, die gefühlt jede:r zweite vertritt und die besagt, dass es sich bei der Masematte um eine Gaunersprache jüdischer Viehhändler handle, ist schlichtweg antisemitisch. Masemattebegriffe werden, ohne den historischen wie etymologischen Hintergrund zu recherchieren, für alle möglichen Produkte oder Werbekampagnen eingesetzt. Pimpt man eine Bierflasche, ein Brot oder einen Schnaps mit einem Masemattewort auf, ist die Wahrscheinlichkeit, es gut zu verkaufen, größer. weil das ja schließlich zum positiven Münsterfeeling gehört. Dass wir die Sprache mit ihren Sprecher:innen durch die Nationalsozialisten verloren haben, scheint auch niemanden zu stören, wenn die Sprache im Karneval oder anderen kulturellen Bereichen verballhornt wird. Sag einfach: „Wat is dat schofel mit der Leeze zu peseln, wenn es in Münster meimelt“ und der Saal lacht. Nicht weil es ein guter Witz ist, sondern, weil sich allein der Klang der Sprache in den Ohren deiner Zuhörer:innen lustig anhört. Studierende, die von außerhalb zu mir kommen, um sich über die Masematte schlau zu machen, sind entsetzt über diesen Umgang. Mein Fazit: In Sachen Masematte hat die münstersche Stadtgesellschaft auch noch eine Menge Hausaufgaben zu machen, da reicht es nicht, sie als immaterielles Kulturerbe herauszuputzen. https://www.rums.ms/newsletter/kolumnen/2024-06-02-lohoff-boerger/ .
Darin sehe ich eine Parallele zu der Straßennamenumbennungsdebatte (was für ein Wort übrigens!!!! Das eignet sich sicher super für das nächste stille Post Spielen in den Kitas auf Mauritz!)
Kleiner Schlenker! Nun werde ich kreativ: Wie könnten denn die Straßen heißen, wenn die alten Namen wegmüssen? Wir brauchen ja neue Straßennamen und ich als Anwohnerin bin prädestiniert, mir welche auszudenken.
Mit meinen rudimentären Masematte-Kenntnissen schlage ich vor, die Admiral-Scheer Straße, die direkt zum Kanal führt „An der Öle“ zu nennen. Öle ist das Wort auf Masematte für den Kanal, aufgrund seines Aussehens und Geruchs von vor hundertfünfzig Jahren. Sie lachen? Es geht noch witziger: Die Gorch-Fock-Straße können wir dann gleich in „Pünten-Weg“ umbenennen, denn die Pünte ist das Schiff auf Masematte. Die Skagerrakstraße, so meine Idee, wäre dann die „Große – Pani- Strehle“, weil sich am Skagerrak dem nördlichsten Zipfel Dänemarks die Ostsee und die Nordsee treffen. Oder noch besser „Pallemachonen-Machullenkamp“!! Das wäre dann der Soldatenfriedhof. Das kann doch nicht ernst gemeint sein, Frau Lohoff-Börger, sagen Sie jetzt? Das klingt so lächerlich! Da fühlt sich keiner ernstgenommen, wenn die Straßennamen ironisch und witzig klingen. Und was hat das feine Mauritz mit Masematte zu tun? Oder?
Wie wäre es denn dann damit, die Otto-Weddigen-Straße in die Siegfried-Weinberg-Straße umzubenennen? Siegfried Weinberg war Münsteraner und wurde 1942 ins Ghetto nach Riga verschleppt, konnte flüchten und geriet dann nach Kriegsende 1945 in russische Gefangenschaft, wo er jahrelang in Sibirien in einem Arbeitslager interniert war. Als er zurückkam, wanderte er zu seinen Geschwistern in die USA aus. Sein Bruder Walter hatte es 1938 rechtzeitig geschafft zu flüchten, starb aber dann als Soldat für die US-Army, bei dem Versuch, Frankreich von den Nazis zu befreien. Er war Pilot und sein Flugzeug wurde abgeschossen. Walter und Siegfried wuchsen an der Sonnenstraße in Münster auf und waren Söhne des jüdischen Altwarenhändlers Weinberg und seiner Frau. Die sind 1944 in Theresienstadt umgekommen. Gut, dann nehmen wir für die Admiral-Spee Straße „Walter-Weinberg-Straße“. Aber, oh Schreck das entspricht ja nicht den Kriterien der Stadt Münster! Dazu empfehle ich: https://www.stadt-muenster.de/fileadmin/user_upload/stadt-muenster/Strassennamen/pdf/Anlage_1_Leitlinien_V0247-2024_mit_AEA.pdf oder https://gruene-muenster.de/2025/fakten-statt-emotionen-wissenswertes-zu-den-strassenumbenennungen-in-muenster-mitte/ zu lesen.
Denn jetzt habe ich ja gar nicht daran gedacht, dass man in Münster bevorzugt Frauen mit Straßenneubenennungen ehren will. Weibliche Straßennamen gibt es ja viel zu wenige. Ach, nee, immer diese nervigen Frauenquoten! Vorschlag meinerseits: Ehren wir doch Gisela Möllenhoff oder Rita Schlautmann-Overmeyer. Kennen Sie nicht? Und allein, das reicht nicht, um zu widersprechen, denn es wäre noch einzuwenden, dass Doppelnamen immer so lang und sperrig sind. Man kann sie sich nicht merken und man braucht mindestens zwei Adresszeilen bei der Post und im Ausweis etc. nur für den Straßennamen. Ein No-Go! Aber lesen Sie weiter: Frau Möllenhoff und Frau Schlautmann-Overmeyer haben sich die Mühe gemacht, jedes einzelne traurig wie tragische Schicksal von Holocaustopfern aus Münster zu recherchieren und in einem Buch namens „Jüdische Familien in Münster. 1918 – 1945, Biographisches Lexikon“, erschienen bei „Westfälisches Dampfboot“, 1989 herauszubringen. Kann jeder von Ihnen reingucken, steht in der Stadtbücherei Stadt Münster: Stadtbücherei - Stadtbücherei Münster - Startseite . Die Leistung dieser beiden Frauen kann gar nicht hoch genug gewürdigt werden. Doch nein, auch Fehlanzeige, denn Menschen können erst zehn Jahre nach ihrem Tod mit einem Straßennamen geehrt werden. Hm, da gibt es noch die Hedwig Weinberg, eine Schwester von Siegfried und Walter. Sie wurde als Pflegerin für ihre gelähmte Mutter direkt mit nach Theresienstadt deportiert. Die Mutter starb dort nach kurzer Zeit, Hedwig kehrte 1945 nach Münster zurück und wanderte zu ihren Geschwistern in die USA aus.
Und um auf meine vermeintlichen Albernheiten mit den Masemattewörtern als Straßennamen zurückzukommen. Es sind wir, die mit der Masematte etwas Lustiges verbinden und die Wörter amüsant finden. Das sind unsere erlernten Zuschreibungen und Konnotationen, die durch den Missbrauch der Masematte in Unterhaltung und Kommerz in Münster entstanden sind. Wie schon erwähnt: Fallen die ersten drei Masematte Wörter bei meinen Lesungen und Vorträgen, lacht der Saal. Erzähle ich später die Geschichte der Familie Weinberg aus der Sonnenstraße, die mit Sicherheit Masematte gesprochen hat, sind es keine Lachtränen mehr, die man sich aus den Augenwinkeln wischt.
Wie gehen wir in Münster mit unserem historischen Erbe um? Das ist die Frage, zu der ich heute zum Nachdenken anregen möchte. Mir erscheint es nach meinen Erfahrungen in Sachen Straßennamenumbenennungen in meinem Viertel und der jahrelangen Beschäftigung mit der Masematte, als recht bequeme Herangehensweise, um es euphemistisch auszudrücken. Alles soll so bleiben wie es ist! Kennen Sie die Werbung im Fernsehen, wo sich eine Frau auf einer weißen Yacht räkelt und genüsslich ein Raffaello in ihren Mund steckt? Daran erinnert mich das Verhalten der Münsteraner:innen: Wir, die privilegierten, liberalen Münsteraner:innen mögen das Angenehme, das Leichte, das Schöne und Heitere in und an Münster, deswegen sind wir ja auch so stolz darauf, dass man Münster mal als die lebenswertestes Stadt der Welt betitelte. Aber war und ist sie das wirklich? Oder müffelt es nicht gehörig nach Öle, Püntendiesel und Machullenkamp an einigen Ecken?
Marion Lohoff-Börger, im Juli 2025
Karius und Baktus auf Masematte
rums Kolumne von Marion Lohoff-Börger
im Mai 25
neulich saß ich im Wartezimmer beim Zahnarzt und musste mir die Zeit vertreiben. In einem bunten Holzregal standen Bilderbücher für die kleinen Patienten bereit und ich griff mir „Karius und Baktus“ von Thorbjörn Egner. Das Buch zeigte mir vor Jahrzehnten und vielen anderen Kindern danach eindrucksvoll und amüsant, wie wichtig Zähneputzen sei. Ein Titel, der übrigens zum ersten Mal 1949 in Schweden erschien.
Weil es meine Angewohnheit ist, Texte auf ihre Übersetzungsmöglichkeit hinsichtlich der Masematte zu prüfen, fiel mir beim Lesen auf, dass sich diese Geschichte hervorragend eignet. Viele Wörter der Erzählung lassen sich einfach und direkt in die aktuell nur 600 Wörter zählende Sprache übertragen. Im zweiten Durchgang kam die Idee, aus dem Text eine politisch-satirische Parabel zu machen. Ich verpasste Karius und Baktus zwei neue Vornamen. Und aus dem Jungen Jens wurde BeRnD. So einfach. Masematte, so eigentlich grundsätzlich mein Credo, sollte nicht zur Unterhaltung dienen, aber eine Satire passt perfekt zu dieser rotzigen und anarchistischen Sprache der kleinen Leute von der Straße.
Keine Sorge, was das Verständnis angeht: Die Ihnen womöglich unbekannten Wörter sind immer direkt im Text übersetzt.
Aefdelius Karius und Nazius Baktus
Eine Parabel auf Masematte zur politischen Situation
Es war einmal ein Koten und dat war der BeRnD. Der hatte seit vielen Jahren jovle und gesunde Heiers im Jöl, Zähne im Mund.
Aber BeRnD hatte in einem Heier ein Loch, und in dem Loch wohnten zwei ticknoe Strigos, kleine miese Typen, die hießen Aefdelius Karius und Nazius Baktus.
Die beiden waren nerbelo, verrückt, und am Anfang so tickno, dat man sie nur mit einem dicken Dollarroiner, einer Brille, kneistern konnte.
Sie achilten, aßen, gerne Süßigkeiten. Davon gab es bei BeRnD im Jöl genug.
Sie schallerten und hatten hamel Jontev, sie sangen und hatten viel Spaß, und wenn sie nicht pooften, schliefen, oder frengelten, aßen, dann malochten sie im Heier. Sie wollten ihr Beis, ihr Haus, groß und jovel makeimen.
Aefdelius schmuste zu Nazius:
„Nazius, wir haben hamel malocht. Jetzt ist dat Beis fertig.“
Aber Nazius war dagegen.
„Wir müssen noch hamel mehr malochen und bauen“, schmuste er. „Wir werden jeden Tag größer und schummer, dicker, weil wir so viel zum Frengeln bewirchen, bekommen. Hau rein, wir malochen weiter, Aefdelius.“
„Maschemau, dann hauen wir jetzt ömmes rein!“, antwortete Nazius.
Dann wurde Aefdelius aber doch marole, müde, und malochte lahmsch, langsam. Er kneisterte aus der Fenete, er sah aus dem Fenster, und als er die anderen weißen Heiers kneisterte, verdollewinierte er sich wat, da kam ihm eine Idee.
„Du, Nazius“, schmuste er, „wir könnten uns doch ein zweites Beis da oben im Eck-Heier bauen. Da ist dat hamel jovel als ambach, hier im finsteren Loch.“
„Du solltest lieber deinen Schero, deinen Kopf, benutzen, du Seegers. Ambach ist dat jovel, hier kommt die Heiers-Bürste nicht hin“, sagte Nazius.
„Dat muckert uns doch nichts“, antwortete Aefdelius, „BeRnD putzt doch nie seine Heiers.“
„Wenn du meinst, dann bau dir ein Beis im Eck-Heier. Ich bleibe hier unten“, antwortete Nazius.
Aefdelius Karius sinnierte vor sich hin und schmuste:
„Wenn wir ambach noch mehr werden, und alle Heiers zu unseren Beis‘ geworden sind, dann kann ich der Obermacker, seine Majestät Aefdelius Karius der Erste sein und auf dat ganze Mochum herunterkneistern. Dann bin ich der König und kann auf die ganze Stadt herunterblicken.“
Nazius gab zu bedenken, dass es nicht sicher sei, dass sie viele würden, nur wenn sie genug Süßigkeiten bekämen.
Aefdelius wusste es besser: „Wir bewirchen so viel Süßigkeiten, datt wir beinahe platzen!“
„Maschemau, oh je“, antwortete Nazius, „denk an die Zeit, als BeRnD immer nur Mispelfinger und schwarzes Maro achilte, Möhren und Schwarzbrot aß. Dat war schofel, da wären wir fast vor Row mulo gegangen, da wären wir fast am Hunger gestorben.“
„Maschemau, pass auf! Da kommt wieder Nachschub!“
Und ömmes, ein jovler Bissen Butterkuchen schob sich ins Jöl von BeRnD.
„Jovelino, jovelissimo! Mega super cool“, krajöhlten die Strigos. „Da ist hamel Zucker drauf!“
Zwei Tage später
Den Strigos ging es jovel, aber BeRnD nicht, denn die schoflen Lapanenmalocher, gemeinen Bauarbeiter, makeimten seine Heiers marode, sie machten seine Zähne kaputt. Und es tat BeRnD soooooo weh. Heiers-Schmerzen sind dat schofelste, wat es gibt.
Aefdelius Karius hatte sein Haus im Eckzahn gebaut und ließ es sich jovel gehen. Nazius Baktus malochte mit seinem Mottek, dem Hammer, unten im seinem Beis im Backenzahn weiter.
„Wat machst du?“, krajöhlte Aefdelius zu Nazius runter.
„Ich baue einen unterirdischen Gang zum nächsten Heier!“, krajöhlte der zurück.
„Jovel“, lobte Aefdelius „Ich genieße die Aussicht auf die hamel vielen Berge, die noch zu meinen Beis‘ werden.“
Plötzlich hörten sie wie BeRnD „Auaaaaa, auaaaaaa, ich habe Heier-Schmerzen!“, krajöhlte und am Plannigen war. BeRnD weinte.
Nazius hämmerte jetzt erst recht mit seinem Mottek los und das Gejammer von BeRnD wurde lauter.
„Du musst deine Heiers putzen, BeRnD“, schmuste seine Mutter.
Nazius und Aefdelius bekamen einen Schreck.
„Neeeeeein“, krajöhlten sie. „Höre nicht auf deine Alsche, die Mutter ist dumm. Dat ist Tinneff, Quatsch! Wir sind deine wahren Freunde!“
Aber BeRnD hörte sie nicht und kurz darauf kam die schofle Heiers-Bürste in dat Jöl von BeRnD. Überall roch es schofel nach Pfefferminz und dann spülte BeRnD sein Jöl auch noch mit Pani, mit Wasser, aus.
Aefdelius konnte noch tacko zu Nazius in den Backenzahn flüchten, sonst wäre er rausgeflogen.
Die Strigos hatten es für heute überstanden, dat fanden die jovel, aber schofel war, datt ihre ganzen Vorräte an Frengel und Achile plete waren, einfach weg!
Am nächsten Tag
Neuer Tag, neuer Massel, so dachten die Strigos. Aefdelius und Nazius gaben nicht auf. Sie malochten, ömmes bekane, klarer Fall, am nächsten Tag weiter.
Aefdelius und sein Freund Nazius hatten nämlich hamel Rochus, große Wut, weil sie nichts zum Frengeln hatten und trotzdem mit ihren Motteks malochen mussten.
„Wir könnten BeRnD ganz lieb schmusen, datt wir Butterkuchen brauchen. Dat ist so schofel, dat wir hungern müssen.“
„Der hört nicht auf uns, denk doch an gestern, an seine Alsche. Die muckert alles besser, die schofle Kaline“, schmuste Nazius.
„Psst, mach deine Lauschers auf, Nazius. Ich höre eine fremde Männerstimme. Vielleicht ist das ein Bäcker und wir bekommen endlich Butterkuchen“, schmuste Aefdelius voller Hoffnung.
„Dat wäre jovel …, aber warum wird dat so hell in BeRnDs Jöl? Geht da der Lorenz auf? Geht da die Sonne auf?“
Ömmes, tatsächlich, BeRnD hatte sein Jöl aufgemacht und eine grelle Latüchte leuchtete herein.
„Kannst du wat kneistern?“, fragte Nazius stikum, leise.
„Ja, da ist ein Seegers in einem weißen Kittel. Der hat so silberne Instrumente in der Hand“, antwortete Aefdelius.
„Mascheminusmaschemau! Dat is ein Heier-Schmarrer! Ein Zahnarzt! Dat sind die schofelsten Seegers! Die machen unsere toften Beis‘ marode. Die machen unsere schönen Häuser kaputt.“
„Oh, Nazius, ich hege hamel More, ich habe große Angst. Was brummt denn da jetzt so?“
„Das ist ein Bohrer!“ Nazius flüsterte nur noch und dann schmuste er: „Komm, Aefdelius, wir müssen uns in meinem Beis verkalliboren, verstecken. Böschen wir tickno plete. Hauen wir schnell ab.“
Von Nazius‘ Beis aus konnten sie kneistern, wie der Heier-Schmarrer all ihre jovlen Beiskes marode makeimte, alles kaputt machte. Sie hegten so hamel Rochus, waren so wütend, und wollten sich wehren, aber der Heiers-Schmarrer mit seinem Bohrer war einfach stärker.
Als der dann auch noch hamel mit Pani in BeRnDs Jöl rumspritzte und spülte, wären die beiden Strigos fast angefangen zu plannigen, zu weinen.
„Wie schofel der ist, der macht alles marode, was wir fertigmalocht haben. Dat war so eine Wullackerei So eine Schofeligkeit, Gemeinheit!“
Aber alles Krajöhlen nützte nix, sie hatten ihre Heimat verloren.
Sie hofften noch auf Butterkuchen am Abend, aber statt dessen kam die schofle Heiers-Bürste wieder in BeRnDs Jöl. Die Strigos Aefdelius und Nazius waren vor lauter Row, Hunger, ganz schwach und hatten kein Beis mehr in dem sie sich verkalliboren, verstecken, konnten. Sie hatten keine Chance mehr bei BeRnD zu bleiben.
Als BeRnD dann sein Jöl kräftig mit Pani ausspülte, war es um Aefdelius und Nazius geschehen. Sie flogen mit einem Riesenklacks Schaum aus dem Jöl raus und landeten im Abfluss des Waschbeckens. BeRnD drehte den Wasserhahn auf …
Die Strigos hörten noch, wie BeRnD schmuste: „Nie wieder Nazius und Aefdelius!“ und dann waren die beiden Strigos, schwupps, plete. Für immer. Hoffentlich.
Frei nacherzählt nach Thorbjörn Egner, Karius und Baktus, 7. Auflage, 1976, cbd-verlag, Originalfassung im Schwedischen von 1949
Marion Lohoff-Börger im Mai 2025
Masematte Kolumne März 25
Ge-heim-weh-Sprachen:
Masematte und die Sprache der Tiödden – was sie gemeinsam haben und was sie unterscheidet
Oft werde ich gefragt, ob die Tiödden-Sprache im nördlichen Münsterland und die Masematte in Münster nicht ein und dasselbe seien. Bei beiden haben wir es mit besonderen Sprachen zu tun, bei denen fremdklingende Wörter in münsterländisches Platt eingebettet wurden. Da könnte man zugegebenermaßen tatsächlich schon mal auf diese Idee kommen.
Aber nein, die beiden Sprachen haben gar nichts miteinander zu tun, sie sind nicht verwandt oder verschwägert. Die Tiödden-Sprache, oder manchem bekannt als das Humpisch oder Bargunsch, ist im siebzehnten Jahrhundert durch den Wanderhandel entstanden und somit eine sogenannte Krämersprache. Die Masematte ist im Gegensatz dazu erst Mitte des neunzehnten Jahrhunderts in vier kleinen Vierteln in Münster aufgetaucht. Die Tiödden-Sprache wurde von einer homogenen Gruppe von Menschen auf Reisen zum großen Teil aus dem Wortschatz des Plattdeutschen entwickelt und mit Partikeln aus dem Holländischen und anderen romanischen Sprachen angereichert. Die Masematte ist hingegen eine Meltingpot-Sprache, die sich aus dem Jiddischen, dem Romanes, dem Rotwelschen und Plattdeutschen zusammensetzt. Bei den Tiödden gibt es auch Wörter aus dem Jiddischen oder Romanes, die Anzahl ist aber nicht so hoch wie in der Masematte. Gemeinsam haben beide Sprachen, dass sie nur mündlich gesprochen wurden und erst als sie ihre Funktion verloren hatten, verschriftlicht und später auch erforscht wurden. Beide Sprachen werden als Geheimsprachen betitelt, ob zu Recht oder Unrecht ist diskussionswürdig, wie Sie im Verlauf dieser Kolumne noch sehen werden.
Hier ist ein Beispiel für die Tiödden-Sprache, das ich im Tiödden-Museum im heutigen Haus Telsemeyer, einem Hotel und Restaurant in Mettingen fand. Auf Fensterscheiben wurden Sätze verewigt, die das Tiöddenwesen beschreiben. https://mettingen-tourismus.de/touristik-und-freizeit/museen/tueoettenmuseum/
„Die Tüötten strüchelden, um Buchte te quinten. Mit Strücheln und Klinken lichten met mennige fitze Külter versoimt. In’n Tispel bi’n fitzen Butt wöt de Rödel bequässt.“
Diese Worte stammen von Franz Brenninkmeyer, auch genannt der „lange Franz“ wegen seiner 2,08 m Körpergröße. Franz Brenninkmeyer war der Ur-ur-Enkel der C&A-Begründer Clemens und August Brenninkmeyer. Er wollte die Geheimsprache seiner Väter und Großväter in dem kleinen Mettinger Museum für die Nachwelt erhalten. Dazu später mehr.
Übersetzt heißen die Sätze:
„Die Tüötten reisten, um Geld zu verdienen. Durch Wanderhandel und Hausieren erwarb man manches gute Bett (vermutlich Schlafgelegenheit). Im Gasthaus bei einem guten Essen wurde der Handel besprochen.“
Um direkt den Vergleich mit der Münsterschen Masematte zu haben, wage ich hier meine persönliche Übersetzung:
„Die Tüötten böschten durch die Bendine, um Lowi zu bewirchen. Mit dem Strehlen bewirchte man sich ne jovle Firche. Inne Katschemme bei tofter achile wurde über die Masematten rakawehlt.“
„Quäss Humpisch!“ bedeutet „Sprich Humpisch“, auf Masematte hieße das „Laber Masematte!“
„Hutsche flackt!“ bedeutet „Der Kerl stielt!“, auf Masematte „Der Seegers schort!“
„Is dat grüseken sankset?“ heißt „Ist das Mädchen verheiratet?“ auf Masematte würde man fragen: „Is dat Anim vergasselt?“
Anhand dieser Beispiele zeigt sich, dass es in beiden Sprachen kaum Übereinstimmungen gibt. Die Tiödden nahmen größtenteils Wörter aus dem ihnen vertrauten münsterländer Platt, das sie in ihren Heimatdörfern Mettingen, Recke und Hopsten sprachen und verfremdeten diese. Der „lunkebener“ war der Hase, lunke bedeutet schnell, bener sind die Beine. Also der „Schnellbeiner“. Häufig gibt es Wortzusammensetzungen mit -hutsche für Mann oder -failer für Macher. Da ist der brügelhutsche, der Arbeiter, der vermutlich Prügel bezog, der krojhutsche, der Schreiber (französisch: crayon). Der roedelhutsche ist der Kaufmann und der tispelhutsche der Wirt. Der fluschenfailer aber ist der Zigarrenmacher und der kassenfailer der Zimmermann.
Schön sind die Eigennamen für Städte in der Tiöddensprache. „Fidel“ ist das niederländische Wort für Stadt und so wurde aus Hamburg Hamfidel, aus Lübeck Lüfidel und Willemfidel war die Bezeichnung für die Hauptstadt Berlin, die Stadt Kaiser Wilhelms.
Dass der Katholizismus streng gelebt wurde, zeichnet sich auch in der Sprache der Tiödden ab: bibeln ist das Wort für Lesen und sankset (lateinisch sanctus) für heiraten, also das Sakrament der Ehe. Die nosterplügge ist das Gebetbuch (noster von pater noster) und quinten, (also gewinnen im Sinne von Verdienst) hat seine Herkunft vom lateinischen Quintessenz.
Bei den Tiödden findet sich ein ähnlicher Sprachwitz und die Freude mit Sprache zu spielen wie in der Masematte. Auf ihren einsamen Wanderungen von der Bretagne bis zur Ostsee und immer wieder zurück in die Gegend von Mettingen, war das neben der Funktion als Geheimsprache, sicher auch ein schöner Zeitvertreib, der identitätsstiftend wirkte und das Heimweh vertrieb. Es wird in der Literatur gesagt, dass die Tiödden, wenn sie zu Hause im Münsterland bei ihren Familien waren, ihre spezielle Sprache nicht benutzten, weil sie sooooo geheim war, dass nicht einmal die Frauen und Kinder sie hören durften. Ich vermute eher, dass die Tiödden in der Geborgenheit der Höfe ihrer Heimat, diese Sprache einfach nicht mehr brauchten, weil sie sich wohl und sicher fühlten. Aber wer weiß das schon? Und hier sehe ich mit meinen Erkenntnissen, die ich in den letzten Jahren zur Masematte sammeln durfte, eine Parallele, denn auch bei der Masematte waren Gefühle wie Ausgegrenztheit oder sich nicht zu Hause fühlen gepaart mit der Verbundenheit mit anderen von Einsamkeit betroffenen Menschen der Anlass, eine eigene Ge-heim-weh-Sprache zu entwickeln.
Kleiner Exkurs an dieser Stelle, der diesen Sachverhalt aus anderer Perspektive beleuchtet: Kennen Sie das Phänomen von Zwillingssprachen auch Kryptophasie genannt? Spektakulär war der Fall der Zwillinge Grace und Virginia oder Poto und Cabengo, wie sie sich selbst nannten. Sie wuchsen in den 70er Jahren in den USA auf. Mit sechs Jahren konnten sie immer noch kein Englisch, sondern unterhielten sich in einer unbekannten, scheinbar komplizierten Sprache, die sonst niemand verstehen konnte. Die Eltern suchten Hilfe und ihre Entdeckung verursachte eine weltweite Mediensensation. Die vermeintlichen Sprachgenies wurden untersucht und am Ende stellte sich heraus, dass es sich um zwei sehr isolierte Kinder, denen es an geistiger Stimulation und sozialen Kontakten fehlte, handelte. Ihre erfundene Sprache, ein Mischmasch aus falsch ausgesprochenem Englisch und ein paar Brocken Deutsch von der Oma, füllte eine innere Leere. Das ist der springende Punkt! Könnte es unseren ersten Masemattesprecher:innen in Münsters engen, schmutzigen Vierteln und gleichermaßen den Tiödden auf ihren einsamen Wanderungen nicht emotional ähnlich ergangen sein? Eine spannende Frage, wie ich finde, die ein neues Licht auf die Geheimsprachentheorien wirft.
Zurück zu den Tiödden. Wie kam es zum Tiödden-Wesen und der Entwicklung ihrer Krämer- beziehungsweise Handelssprache, die angeblich bis heute auf den Führungsetagen bei C&A noch Verwendung findet?
Arme Bauernfamilien lebten im 17. Jahrhundert auf Höfen mit kargen Böden drumherum, die nicht viel hergaben. Sie wohnten zwischen Hopsten im nördlichen Münsterland und Lingen im Emsland. Die Männer verließen aus finanzieller Not heraus ihre Familien und gingen nach Holland, um als Saisonarbeiter Torf zu stechen oder Gras zu mähen und kamen erst nach einigen Monaten zurück. Zuhause wurde von den Frauen die Feldarbeit übernommen und Flachs angebaut, aus dem dann Leinenstoffe durch Spinnen und Weben produziert wurden. Andere Landbewohner begannen direkt als Hausierer und Wanderhändler zu arbeiten und verkauften vor allem Leinenstoffe aus dem Münsterland nach Holland. Dort im reichen Holland fanden die Textilien aufgrund der guten Qualität reißenden Absatz. So entstand das Tiödden-Wesen. Für die Bezeichnung Tiödden finden sich verschiedene Schreibweisen, so auch Tüötten, oder Tödden oder Tijötten. Um die Verwirrung perfekt zu machen, ist auch die Herkunft unklar. Es kann sich um die Bezeichnung für Deutsche, der Teutonen, aus holländischer Sicht handeln, aber auch um das niederdeutsche Wort Todde für das Bündel, oder eben auch das Toddeln, einer Bezeichnung für schleppendes Gehen. Alles drei passt, vermutlich ist es eine Mischung aus allen Bedeutungen.
Mit Rucksäcken auf dem Rücken, der vollgepackt mit Leinen war, einem Wanderstock in der Hand, der als Maßband fungierte und einer Schere an einem Band um den Hals gebunden, marschierten die Männer durchs Münsterland über die holländische Grenze und verkauften dort ihre Waren als Hausierer. Nach und nach breitete sich das Tiödden-Wesen bis Litauen und ins nördliche Frankreich aus. Diverse Probleme mit Grenzen, Zöllen und Währungen brachten es mit sich, dass die Sprache der Tiödden vorteilhaft war, um Dinge zu verdunkeln. Hinzu kam, dass man sich vor Räubern und Dieben schützen musste und nebenbei auch seine finanziellen Erfolge nicht nach außen zeigen wollte.
Aus dem Tiödden-Wesen entstanden im neunzehnten Jahrhundert große Firmen, wie Hettlage, Broeker, C&A und auch P&C, deren Clan-Mitglieder alle streng katholisch waren und, wie es sich für Sippen gehört, nur untereinander heirateten. Seine Hochphase hatte das Humpisch im 18. Jahrhundert. Dann ging der Wanderhandel in den stationären Handel über. Clemens und August Brenninkmeyer (die Ur-ur-großväter vom „langen Franz“), die Hettlages, Voss‘ und Lampes gründeten ihre ersten Geschäfte und wurden bis in die neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts zu den global Playern der Bekleidungsindustrie.
In Mettingen, dem Ort an dem im siebzehnten Jahrhundert alles begann, befindet sich das Museum Draiflessen-Collection, das 2009 von den Nachkommen der Tiödden gegründet und gebaut wurde. Hier findet man wechselnde Ausstellungen, aber auch Archive und Sammlungen. Aktuell ist dort die spannende Ausstellung: Cunda, Knös und Knaspelhutsche. Auf der Suche nach dem Unternehmenswortschatz noch bis zum 4.Mai 2025 zu sehen. Hier wird auch auf die Weiterentwicklung der Geheimsprache in der Unternehmensführung von C&A eingegangen ( www.draiflessen.com ). Draiflessen ist eine Zusammensetzung aus zwei Wörtern aus dem Humpisch: Drai hat die Bedeutung: drei, Dreifaltigkeit, drehen, Handel treiben und „flessen“ Flachs, Leinen und Heimat. Die Erklärung, hier kämen für die Gründerfamilie bedeutsame Themen zum Ausdruck: ihre enge Verbindung mit ihren westfälischen Ursprüngen, ihr christlicher Glaube und ihr Unternehmer*innentum, bringt mich tatsächlich zum Schmunzeln, oder schmergeln, wie die masemattekundigen Münsteraner:innen sagen würden.
Wer jetzt gerne mehr wissen möchte und Zeit hat, sich reinzulesen, hier meine Quellen:
Oberpenning, Hannelore: Migration und Fernhandel im „Tödden-System“. Wanderhändler aus dem nördlichen Münsterland im mittleren und nördlichen Europa. Rasch-Verlag, Osnabrück, 1996
Siewert, Klaus: Die geheime Sprache der Tiötten. Geheimsprachen-Verlag, Münster 2010
Veltrup, Josef: Die Geheimsprache der westfälischen Tiötten. Aschendorff-Verlag, 1974
Weiguny, Bettina: Die geheimnisvollen Herren von C&A. Der Aufstieg der Brenninkmeyers. Piper, München, 2007
Marion Lohoff-Börger, im März 2025
Sophia Shoulsen (li), Yiddish Bookcenter Amhurst USA